Das Hamsterrad und der Dämon
oder von der Illusion des Hamsterrades

Heute ist mein letzter Urlaubstag, an dem ich keine Pläne habe – ein Gammeltag.
In den letzten Tagen habe ich viel Zeit vor der Glotze verbracht.
„Die Glotze ist ein Zeitfresser,“ sagt eine negative Stimme in mir.
Positiv gesehen ist der Fernseher aber ein Mittel, um herunterzukommen.
Oft neige ich dazu, mich selbst zu verurteilen. „Zeitfresser“ ist ein negatives Wort, und schon steht der Dämon mit dem Knüppel hinter mir und treibt mich an.
Er suggeriert mir, dass es eine Krisenzeit wie nach dem Krieg gäbe und dass ich hart arbeiten muss, um zu überleben. Er sagt, ich hätte nichts erreicht, weil ich kein großes Haus mit Land und Grund besitze. Es ist ein alter Dämon, wurde gezeugt in vergangenen Zeiten in Krisenzeiten, die es heute nicht mehr gibt und von einer Religion, die das „Arbeiten und Beten“ lehrt sowie nach der Gier nach materiellen Reichtum.
Jeden Morgen steht dieser alte Dämon an meinem Bett und mahnt mich:
„Wie faul du bist, weil du schon wieder bis Mitternacht ferngesehen hast, und das mitten in der Arbeitswoche. Weil du wieder eine Flasche Wein getrunken hast und das am Mittwochabend. Weil du deine Wohnung nicht aufgeräumt hast, die Wäsche herumliegt.“
Dieser alte Dämon befiehlt mir,
dass ich früh mit der Arbeit beginnen und mich beeilen soll:
dass ich die Gesprächszeit mit Gott sein lassen soll vor der Arbeit;
und endlich Abteilungsleiter werden muss;
verantwortlicher in der Firma sein und mich um die Probleme kümmern und sie lösen muss;
dass ich gehorsam meinem Chef gegenüber sein muss;
dass mein Geld nicht ausreicht und ich es verschwendet habe;
dass ich von meinem Glauben abgefallen bin, weil ich nicht zur Kirche gehe;
und dass es Sünde ist, sonntagmorgens nicht früh aufzustehen, um in den Gottesdienst zu gehen;
dass ich zu dick bin und meine 10000 Schritte nicht geschafft habe;
dass es besser wäre, wenn ich nicht schwul wäre;
dass Monogamie wichtig sei und Sex in eine Beziehung gehöre;
dass es nicht gut sei mit jungen Leuten im Zug zu reden, denn ich solle lieber arbeiten;
dass es Zeitverschwendung ist, diesen Blogbeitrag für Euch zu schreiben.
So treibt mich dieser Dämon immer weiter an,
das Hamsterrad zu drehen – und immer schneller.
Doch nun habe ich keine Lust mehr.
Ich gebiete diesem Dämon Einhalt.
Ich halte das Hamsterrad an und werfe einen Stab in die Speichen,
denn ich bin kein Hamster,
und selbst Hamster lieben das Hamsterrad nicht.
Sie drehen es nur, weil ihnen im Käfig nichts anderes übrigbleibt,
außer zu fressen und das Rad zu drehen.
Kein Mensch sollte im Käfig sein.
Kein Mensch ist im Käfig.
Du solltest nicht auf diesen Dämon hören!
Ich sollte nicht im Käfig sein.
Ich bin nicht im Käfig.
Hamster gehören in die Natur, in die Wildnis, in die Freiheit.
Ich bin kein Hamster, und es gibt kein Hamsterrad.
Und es gibt auch keinen Hamsterkäfig.
Dies alles ist eine Illusion, die uns Menschen eingeredet wird.
Ich muss nichts, außer Sterben und zur Toilette gehen. Ja, ich brauche Essen, Wasser und einen warmen Platz zum Schlafen. Ich brauche menschliche Liebe. Manchmal eine menschliche Umarmung.
Wenn ich das Hamsterrad anhalte, kehrt eine gespenstische Ruhe ein. Und der Dämon fragt: „Willst du das wirklich?“ – „Ja,“ antworte ich ihm. „lasse mich in Ruhe, weiche Ruhe“.
Es gibt keine Gespenster, die mir die Ruhe stehlen.
Und nach einer Weile schwindet die Angst und das Unbehagen,
die Ruhe wird angenehm, wie ein Fremder, der zu einem Freund geworden ist.
Ruhe – Ich habe Zeit, mich auf mich zu konzentrieren, um mich endlich wieder zu lieben. Ich habe den Mut, Ja zur Ruhe zu sagen, um mich zu lieben und um mich zu finden.
Der Messias sagt: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“
Selbstliebe ist kein hemmungsloser Konsum oder das Leben auf Kosten von Menschen und anderen Lebewesen auf diesem Planeten. Selbstliebe bedeutet, das Hier und Jetzt anzunehmen. Selbstliebe, ist die selbst Annahme. Das eins werden mit der eigenen Schöpfung und mit dem Schöpfer.
Nehme ich das Hier und Jetzt an, liebe ich mich selbst, so schweigen die Dämonen dieser Gesellschaft.
Die Illusion des Hamsterrades und des Hamsterkäfigs verschwindet. Aus der Dunkelheit wird Licht.
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